Hanau – Wir gedenken
Zum 1. Jahrestag des rechtsterroristischen Anschlags von Hanau erklären die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter:
Ferhat Unvar
Hamza Kurtović
Said Nesar Hashemi
Vili Viorel Păun
Mercedes Kierpacz
Kaloyan Velkov
Fatih Saraçoğlu
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin
Sie wurden Opfer des rechtsterroristischen Anschlags von Hanau. Sie sind und bleiben unvergessen. Der Schmerz und die Lücke, die sie hinterlassen, sind unermesslich und unsere Gedanken sind bei ihren Familien, ihren Freundinnen, Freunden und den Überlebenden.
Im Erinnern an sie machen wir sichtbar, wohin Rechtextremismus und Rassismus führen können und welche Gefahr für unsere freie, offene und vielfältige Gesellschaft davon ausgeht.
Rechtsextremer Terror entsteht keinesfalls aus dem Nichts – ihm gehen vergiftete Worte, die unwidersprochen bleiben, die abgedruckt, verbreitet, salonfähig gemacht werden, voraus. Dass diesem Gift der Worte auch Taten folgen, haben die letzten Jahrzehnte immer wieder aufs Schmerzlichste gezeigt. Rassismus beginnt dort, wo Menschen aufgrund ihres Aussehens oder ihrer vermeintlichen Herkunft ausgegrenzt werden. Menschen mit Rassismuserfahrungen erleben viel zu häufig strukturelle Diskriminierung und sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen unzureichend repräsentiert.
Wir unterstützen die Forderungen der Hinterbliebenen nach lückenloser Aufklärung, sowie nach echten politischen Konsequenzen. Nach den vollmundigen Ankündigungen der Bunderegierung bleiben entschiedene Schritte in der Bekämpfung von rechtsextremer und rassistischer Gewalt nach wie vor aus. Es fehlt an einer kohärenten Gesamtstrategie. Doch es ist überfällig, dass dies endlich konsequent angegangen wird. Wir wollen in einem Land leben, in dem sich jede und jeder ohne Angst bewegen kann und in dem rechte Worte und Taten keinen Platz haben.
Deswegen muss die rückhaltlose Aufklärung rechtsextremer Taten und Zerschlagung aller beteiligten Netzwerke höchste politische Priorität haben. Ebenso müssen Opfer rechter Gewalt und deren Angehörige den nötigen Schutz und Beistand erhalten.
Dringend erforderlich ist die konsequente flächendeckende Entwaffnung Rechtsextremer sowie eine Verschärfung des Waffenrechts, denn noch immer gelingt es Rechtsextremen viel zu leicht, auf legalem wie illegalem Wege an Waffen zu kommen. Damit rechtsextreme Strukturen und Taten auch als solche erkannt und bekämpft werden, braucht es eine verbesserte Analysefähigkeit der Sicherheitsbehörden im Bereich Rechtsextremismus. Genauso wichtig ist es aber auch, der Entstehung und Ausbreitung von Rassismus und Rechtsextremismus Einhalt zu gebieten. Deshalb ist es unverzichtbar zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus strukturell zu stärken.
Für nachhaltige Veränderungen ist ein Paradigmenwechsel unabdingbar: Ziel muss eine antirassistische Gesellschaft sein, die Teilhabe für alle ermöglicht. Als ersten Schritt schlagen wir die Einrichtung eines Partizipationsrates vor. Ein Gremium, in dem Expert*innen mit Rassismuserfahrung und/oder Einwanderungsgeschichte Empfehlungen für wichtige Entscheidungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik geben.
Der 19. Februar 2020 muss für das politische Handeln aller Auftrag sein – er darf nicht länger ohne spürbare Konsequenzen bleiben. Damit wir Rassismus und Hass überwinden, braucht es eine wirksame antirassistische Politik.