Artensterben – eine weitere ökologische Krise
Neben der Klimakrise hat die Debatte um die Gefährdung der Artenvielfalt stark zugenommen und die Sorge, dass viele Arten aussterben. Das Aussterben einer Art ist der finale Schlusspunkt.
Doch bereits lange bevor die letzten Individuen einer Art sterben, beginnt die Krise im Ökosystem. Ich möchte kurz darstellen was ihr euch unter Biodiversität, unter Artenvielfalt genau vorstellen könnt.
Eine Art besteht in der Regel nicht nur aus identischen Individuen. Bei vielen Arten gibt es eine hohe genetische Diversität und je weniger Individuen es werden, desto mehr Diversität geht verloren. Bevor eine Art komplett ausstirbt, verschwinden nach und nach Teilpopulationen. Diese besitzen in vielen Fällen eine spezifische Anpassung an die regionalen Gegebenheiten. Wie stark diese Anpassungen und damit die Unterschiede innerhalb ein und derselben Art sein können, dafür sind Traubeneichen ein gutes Beispiel.
Traubeneichen sind neben der Stieleiche die zweite bei uns weit verbreitete Eichenart. Sie sind noch etwas trockenheitsresistenter als die Stieleiche. In Südeuropa gibt es auch Populationen von Traubeneichen und diese müssen seit Jahrtausenden mit einem trockeneren Klima auskommen, als es bei uns jetzt der Fall ist. Aber auch im Vergleich zu den Verhältnissen bei uns vor der Klimakrise.
In einem wissenschaftlichen Versuch wurden Traubeneichen aus Südeuropa bei uns gepflanzt um zu testen, ob sie hier gedeihen. 15 Jahre sind sie hervorragend gewachsen. Dann kam ein etwas kälterer Winter. Diese Winter kann es ab und zu – trotz der Klimakrise – nördlich der Alpen immer mal wieder geben. Die Traubeneichen aus Südeuropa sind alle erfroren, die Traubeneichen aus den örtlichen Populationen haben jedoch überlebt. Alle Pflanzen gehören zu ein und derselben Art.
Ein weiterer Punkt ist, dass Arten die ursprünglich häufig vorkamen, schon lange bevor sie aussterben ihre Rolle im Ökosystem nicht mehr ausfüllen können. Wenn von einer Vogelpopulation nur noch 10% der Vögel übrig sind, fressen sie weniger Insekten. Wenn von einer Hummelart nur noch 50% der Völker existieren, bestäuben sie deutlich weniger Blüten. Dadurch verändern sich die Ökosysteme grundlegend und das schon lange bevor eine Art komplett ausgestorben ist.
Biodiversität umfasst deshalb mehr als nur die Anzahl der Arten. Sie umfasst auch die Diversität innerhalb einer Art, die Struktur der Interaktionen der Arten untereinander und die Vielfalt der Biotope. Und diese Vielfalt ist bedroht.