Zur aktuellen Lage in Afghanistan
Wie so vielen von euch geht auch mir die Situation in Afghanistan sehr nahe.
Wie die Bundesregierung die Menschen, die für deutsche Einrichtungen in Afghanistan gearbeitet haben, aber auch Menschenrechtsaktivist*innen im Stich lässt, ist nicht nur verantwortungslos. Es ist zutiefst unanständig.
Oberste Priorität muss jetzt die Evakuierung über den Flughafen Kabul haben. Deutsche Staatsbürger*innen, afghanische Ortskräfte und ihre Angehörigen, Menschen, die uns im Auftrag der EU unterstützt haben und afghanische Mitarbeiter*innen von Subunternehmern müssen schnellstmöglich ausgeflogen werden – ebenso Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen, von Frauenrechtsorganisationen, Menschenrechtsaktivist*innen, Kulturschaffende, Journalist*innen und andere Verteidiger*innen einer offenen Gesellschaft in Afghanistan, die um ihr Leben fürchten.
Diese Bundesregierung versagt humanitär, sicherheitspolitisch und diplomatisch auf ganzer Linie. Dass sich die Bundeskanzlerin und die zuständigen Minister*innen hinter Sätzen wie „wir haben alle die Entwicklung falsch eingeschätzt“ verstecken, um ihre eigene konkrete Verantwortung zu kaschieren, macht es eigentlich nur noch schlimmer.
Ja, es muss jetzt darum gehen, schnell zu helfen. Aber es müssen auch die Fehler gründlich aufgearbeitet werden. Wir haben ein Recht zu erfahren, wer was wann wusste: der Außenminister, die Verteidigungsministerin, der Innenminister, der Vize-Kanzler und nicht zuletzt die Bundeskanzlerin.
Warum hat man diese Katastrophe mit den Händen im Schoß auf sich zurollen lassen?Wir wissen mittlerweile: Die Bundesregierung hat trotz mehrfacher Warnungen die Evakuierung von deutschen Staatsangehörigen und Ortskräften viel zu spät angegangen. Die Nachrichtendienste und das Botschaftspersonal haben frühzeitig vor der Einnahme Kabuls durch die Taliban gewarnt und verlangt, dass eine Evakuierung vorbereitet wird.
Seit Monaten warnen die Bundeswehr, NGOs, zahlreiche Medien und auch unsere Grüne Bundestagsfraktion vor einem Erstarken der Taliban und fordern die Aufnahme der Ortskräfte. Wir haben ein Recht zu erfahren, warum die Bundesregierung wider besseren Wissens Menschenleben aufs Spiel gesetzt hat.