There is no glory in prevention!
Der diskutierte Bundeshaushalt hat gezeigt, dass die Bundesregierung immer noch nicht fähig ist krisen- und zukunftsfest zu planen. Dass die Regierung in Krisen auf Sicht fährt, hat Tradition.
Gerade erleben wir die 2. Welle der Pandemie in Deutschland. Und vielleicht war es unvermeidlich, nachdem im Sommer die Zahlen so lange so niedrig waren.
Wir Menschen sind häufig erstaunlich schlecht im Vermeiden von Krisen und darin uns Vorzustellen wie schnell sich die Dinge grundlegend ändern können.In diesem speziellen Fall sind wir leider besonders schwach darin, exponentielle Wachstumsprozesse und ihre Dynamik zu verstehen.
Leider gibt es bereits eine lange Reihe von Beispielen, wo es dieser Gesellschaft und der Bundesregierung nicht gelungen ist präventiv zu reagieren, bevor sich Krisen voll entfaltet haben.
1) Bei der Finanzkrise 2008/2009 war die Investmentbank Bear-Stearns bereits im Jahr 2007 in erheblichen Schwierigkeiten. Um eine Insolvenz zu vermeiden, wurde sie mit Hilfe der amerikanischen Notenbank von ihrem Konkurrenten JPMorgan übernommen. Noch am 25.9. 2008 verkündete der damalige deutsche Finanzminister, dass es keine Bankenrettung in Deutschland bräuchte und dass das System ziemlich stabil sei. Dies war 10 Tage nach der Pleite von Lehmann Brothers und kurz bevor die Verhandlungen zur Rettung der HRE Bank begannen. Am Ende lagen die Kosten bei über 20 Milliarden Euro.
2) 2010 hat die damalige Bundesregierung durchgesetzt, den Atomausstieg in Teilen rückabzuwickeln und die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern – trotz massiver Widerstände aus der Gesellschaft. Kein halbes Jahr später kam es zum Atomunglück in Fukushima und die Regierung hielt dem berechtigen, massiven Druck aus der Gesellschaft nicht mehr stand. Die Laufzeitverlängerung wurde wieder zurückgenommen. Nun galt der alte Atomausstieg wieder. Aber mit einem entscheidenden Unterschied: die Bundesrepublik musste hunderte Millionen Euro Entschädigung an die Atomkonzerne zahlen.
3) 2014 wurden die Warnungen immer lauter, dass angesichts des Krieges in Syrien und im Irak immer mehr Menschen flüchten müssen und die Gelder beim World Food Programm nicht mehr ausreichen, um die geflüchteten Menschen mit Nahrung zu versorgen. Von Seiten der Bundesregierung wurden die Hinweise als Übertreibung abgetan. Im Herbst 2015 flohen dann Hundertausende Menschen vor den unhaltbaren Zuständen nach Europa. All dies wäre einfacher gewesen, wäre das World Food Programm mit ausreichend Geld versorgt gewesen. Zudem hätte die Ankunft viel besser vorbereitet sein können.
4) Die Autoindustrie steckt in Deutschland in einer tiefen Krise. Dies war bereits vor dem Ausbruch der Pandemie der Fall, wurde aber durch die Pandemie nochmal massiv verstärkt. Die Hauptursache ist, dass sich die Autoindustrie viel zu lange auf alte Technologien verlassen hat. Dabei wurden wichtige Entwicklungen in der Batterietechnologie und beim autonomen Fahren vernachlässigt. Die Bundesregierung hat dieses Verhalten bestärkt. Sie hat den Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur nicht vorangetrieben. Zudem herrschte viel zu lange Unklarheit, auf welche Technologie sich die Autoindustrie konzentrieren soll. Wichtige Zeit wurde vergeudet, Tausende Arbeitsplätze sind gefährdet.
5) Seit über hundert Jahren weiß die Naturwissenschaft, dass ein steigender CO2-Anteil in der Atmosphäre dazu führt, dass es wärmer wird auf unserem Planeten. Spätestens seit knapp 50 Jahren wissen wir Menschen, dass dies katastrophale Folgen haben wird, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Doch es ist viel zu wenig passiert. Wir haben jetzt nur noch 10 bis 15 Jahre Zeit. Es wäre natürlich deutlich einfacher gewesen den CO2-Ausstoß um über 95 % zu reduzieren, wenn spätestens Anfang der 90er Jahre begonnen worden wäre, aber damals waren die kommenden Auswirkungen der Klimakrise zwar wissenschaftlich bekannt, aber noch nicht zu spüren.
In einer Zeit, in der sich die Verhältnisse aufgrund der technischen Entwicklung (z.B. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz), der geopolitischen Verhältnisse (Stichwort China), aufgrund der Umweltzerstörung (Klimakrise & Artensterben) so grundsätzlich und schnell ändern, müssen wir lernen dass es nicht ausreicht Krisen erfolgreich zu managen. Wir müssen endlich lernen präventiv zu handeln. Das ist für uns überlebenswichtig.