Demokratische und vielfältige Gesellschaft verteidigen
Kein Tag in der deutschen Geschichte ist mit so widersprüchlichen Gefühlen verbunden wie der 9. November: Mit Entsetzen und Trauer erinnern wir daran, wie vor 83 Jahren jüdische Geschäfte und Einrichtungen zerstört und Synagogen in Brand gesetzt wurden. Die Novemberpogrome waren eine Zäsur in der Geschichte der Jüdinnen und Juden in Deutschland, sie markieren das staatsgewollte Ende jüdischen Lebens im öffentlichen Raum. Was folgte, waren systematische Verfolgung, Vertreibung und Ermordung.
Die bleibende Verantwortung aus diesen Ereignissen ist Staatsräson. Daraus erwächst für uns die Aufgabe, die Erinnerung immer wieder mit Leben zu füllen. Denn eine lebendige Erinnerungskultur trägt entscheidend zur Selbstverständigung und zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei. Auch heute versuchen rechtsradikale Kräfte ein Klima der Verrohung und Abwertung von Menschen zu schüren. Wir werden einen „Schlussstrich“ unter die NS-Verbrechen niemals zulassen und treten Antisemitismus, Rassismus und jedweder Form von Ausgrenzung und Hass mit aller Entschlossenheit entgegen.
Zugleich steht der 9. November aber auch für die Freude und Hoffnung, die wir mit dem Fall der Berliner Mauer verbinden. Mit friedlichen Protesten stürzte die DDR-Bürgerbewegung das SED-Regime und brachte damit nicht nur Freiheit für Millionen von DDR-Bürger*innen, sondern bereitete auch den Weg für die Wiedervereinigung Deutschlands. Der Mut dieser Menschen ist uns Vorbild, für die Würde und Freiheit aller Menschen zu kämpfen.
Der 9. November lehrt uns, dass Geschichte von Menschen gemacht und verändert wird. Und er erinnert uns, die demokratische, vielfältige Gesellschaft immer wieder aufs Neue zu erkämpfen und gegen ihre Feinde zu verteidigen.